Donnerstag, 17. April 2025

Kohle und Stahl - Wie wird mit Koks aus Steinen Eisen und Stahl?

Ausflugstipp NRW: Der Erlebnisweg zu Kohle und Stahl im Ruhrgebiet führt von Zollverein in Essen über Duisburg und Hattingen zu Hoesch in Dortmund.

(Aus dem eigenen Archiv, verfasst 2012) 

Henrichshütte Hattingen
(c) Vera Kriebel, 2012

Kohle und Stahl gehören zum Image des Ruhrgebiets, obwohl davon kaum mehr übrig geblieben ist als Museen.

Ferientipp und Wochenendausflug: Wer den Weg der alten Montanindustrie im Ruhrgebiet nachgehen will, sollte in Essener Zeche und Kokerei Zollverein starten, dann sich über den Landschaftspark Duisburg-Nord und die Henrichshütte in Hattingen dem Thema Stahl nähern und abschließend noch das Hoesch-Museum in Dortmund besuchen.

Doch warum gehören eigentlich Kohle und Stahl zusammen? 

Warum Kohle und Stahl zusammengehören

Wofür man Stahl braucht, ist jedem klar: für Stahlgerüste, Brücken, Maschinen, Haushaltsgeräte, ... Wofür man früher Kohle brauchte, dürfte auch einfach sein: zum Heizen. Doch Kohle diente nicht vorwiegend zum Heizen von Wohnhäusern - Kohle als Heizmittel wird zur Stahlerzeugung benötigt.

Stahl wird aus Roheisen gewonnen. Und um gutes Roheisen für die Stahlgewinnung aus erzhaltigen Steinen zu gewinnen, braucht man viel, viel Energie und hohe Temperaturen - das ist der Grund, warum Kohle und Stahl immer zusammenhingen: Die normale Kohle aus den Zechen erreichte allerdings nicht die dafür notwendigen Temperaturen, die für die Eisenerzeugung benötigt wurden, um also aus dem Erz-Gestein das Roheisen zu schmelzen. Man musste aus der Kohle in Kokereien Koks "backen".

Kohleförderung in Zechen: Zeche Zollverein

Man braucht also Kohle und Erze, um Stahl herzustellen: Kohle wurde in Bergwerken, den Zechen, gefördert. Anfangs an der Ruhr, im südlichen Ruhrgebiet; man wanderte dann immer weiter nördlich den Vorkommen nach. Heute gibt es im Ruhrgebiet nur noch eine Zeche, die Zeche Prosper in Bottrop, aber auch ihr Betrieb ist unrentabel und wird nur mittels hoher Subventionen aufrecht erhalten. 2018 wird sie endlich still gelegt.

Wie eine solche Zeche funktionierte, wie die Kohle gefördert und verarbeitet und sortiert wurde, all das kann man wunderbar in einer der industriekundlichen Führungen der Zeche Zollverein erfahren - am besten natürlich mit einem ehemaligen Steiger, der "Dönnekes" (Ruhrpott für "Geschichten") von früher erzählt.

  • Wer es noch hautnäher möchte: Besucherbergwerke gibt es unter anderem auf Zeche Hannover in Bochum und im Nordsternpark. Kinder-Ferienworkshops für kleine angehende Bergleute bietet die Zeche Zollern II/IV in Dortmund-Bövinghausen an.
  • Und das Muss für jeden, der sich wirklich für Bergbau interessiert, ist natürlich das Bergbaumuseum in Bochum.

So wird aus Kohle Koks: Kokerei Zollverein

Wie gesagt: Man kann noch so viel Kohle verfeuern, man wird damit nicht die Temperaturen erreichen, die zur Metallerzeugung benötigt werden. Die Kohle muss daher erst veredelt werden, und zwar zu Koks. Das geschieht in Kokereien, wo Kohle in Öfen – den Koksbatterien - zu Koks gebacken wird - eine ziemliche Sauerei, nicht nur, was die Energieverschwendung anbetraf, denn die gesamte Umgebung litt darunter.

Wie eine Kokerei grundsätzlich arbeitet, erlebt man am besten auf der Kokerei Zollverein in Essen, gleich neben der Zeche. Dort kann man sogar in eine Koksbatterie hineingehen, was im wirklichen Kokerei-Leben natürlich nie möglich wäre, weil a) Kokereien rund um die Uhr betrieben werden müssen, da sonst der Batterie-Mantel spröde wird, b) dort extrem hohe Temperaturen herrschen und c) beim "Koksbacken" sehr giftige Stoffe freigesetzt werden.


Kokerei Zollverein, 2006
(C) Martin Merz


Wer dann noch eine Kokerei sehen möchte, kann zur Kokerei Hansa in Dortmund-Huckarde fahren. Sie ist allerdings nicht mehr so gut erhalten, so dass dort eher die Ruinen-Ästhetik und die Industrienatur zählt.

Eisen aus Erz schmelzen: Hüttenwerke

Jetzt hat man also mit dem Koks den Heizstoff, um Stahl herzustellen, zu "kochen" heißt es eigentlich. Doch für Stahl muss man erst einmal Eisen haben. Denn Stahl ist eine Unterart des Eisens: Vereinfacht ausgedrückt ist es Eisen, dem man Kohlenstoff zugesetzt hat, so dass es formbar, also: schmiedbar ist.

Und Eisen liegt in der Regel nicht in der Landschaft herum, sondern findet sich als Eisenerz, also in eisenhaltigen Steinen. Daraus das Eisen herauszuholen, herauszuschmelzen, genau das war die Aufgabe der Hüttenwerke. Der eigentliche Schmelzprozess fand im Hochofen statt - deswegen ist der Hochofen Stolz und Kernstück eines jeden Hüttenwerks.

So wird Stahl hergestellt: Stahlwerk

Der letzte Verarbeitungsschritt fand dann im Stahlwerk statt: Dort wurden dem im Hüttenwerk gewonnenen Roheisen mindestens 0,5 Prozent Kohlenstoff und andere Elemente zugesetzt. Das Resultat war dann immer noch Eisen - Stahl ist, wie gesagt, eine Unterart des Eisens - aber jetzt nicht mehr brüchig, sondern "weich", das heißt verformbar, ohne dass es zerbricht.

Weitere Verbesserungen der Eigenschaften des Stahl lassen sich durch Legierungen, der Zugabe bestimmter Metalle, erreichen. Der heiße, flüssige Stahl wird - wie beim Puddingkochen - in eine Form gegossen, früher in Kokillen-Formen (siehe Fotos unten), heute oft in ganze Stahlstränge, also in immer noch weiche Stahlbänder oder Blöcke (Brammen). Die Blöcke werden im Stahlwerk gewalzt, zum Beispiel zu dünnen Blechen.

Hüttenwerk und Stahlwerk

Wichtig ist: Hüttenwerke und Stahlwerke werden meist durcheinander geworfen - dabei arbeiten beide völlig unterschiedlich. In den Hochöfen der Hüttenwerke (nur dort gibt es Hochöfen - nicht in den Stahlwerken!) wird das Roheisen, das Grundstoff der Stahlerzeugung ist, hergestellt, in Stahlwerken wird aus dem Roheisen Stahl - durch Zugabe von Kohlenstoff, durch Verdeln (Legieren) und durch Schmieden und Walzen. Das geschieht dort in Konvertern - nicht in Hochöfen!

Hüttenwerke in Hattingen und Landschaftspark Duisburg-Nord

Das Problem ist aber, dass es im Ruhrgebiet gar kein Stahlwerk als Industriemuseum gibt - man kann also die Stahlerzeugung gar nicht vor Ort nacherleben (die noch arbeitenden Stahlwerke wie Bruckhausen sind "verbotene Städte", in die man nur schwer als Besuchergruppe Einlass findet).

Wer davon spricht, das "Stahlwerk" in Duisburg Obermeiderich, die Henrichshütte in Hattingen oder in Dortmund-Hörde Phoenix-West zu besuchen, liegt also falsch. Alle drei sind ehemalige Hüttenwerke, wo in Hochöfen Eisen als Rohmaterial für Stahlwerke geschmolzen wurde.

So wird Eisen erzeugt: Henrichshütte Hattingen

Um hautnah etwas über die Eisenerzeugung zu erfahren, ist die Henrichshütte Hattingen ideal (auch für Familien!). Der Landschaftspark Duisburg-Nord ist eher ein Freizeitpark, wo das Hüttenwerk – allerdings großartige - Kulisse ist. In Phoenix-West in Dortmund-Hörde stehen einzelne Bestandteile des Hüttenwerks im Möchtegern-Gewerbegebiet herum ohne weiteren Zusammenhang.

Wie gesagt, alte Stahlwerke als Anschauungsorte gibt es im Ruhrgebiet leider nicht. Nachbar der Henrichshütte in Hattingen war aber ein Stahlwerk - und als dieses 2004 geschlossen und abgerissen wurde, hat man einiges für das Industriemuseum retten können, so zum Beispiel Konverter und Kokillen. Ein "Weg des Stahls" ist in Hattingen 2012 gerade im Aufbau. Auch zur Stahlerzeugung wird es also demnächst in Hattingen ein Erlebnis- und Mitmachmuseum geben, wenn auch nicht im Stahlwerk selbst.

In Dortmund versucht das Hoesch-Museum mit einer 3D-Stahlwerks-Projektion dem Mangel abzuhelfen.

Montan-Industrie: Zechen, Kokereien, Hütten- und Stahlwerke

Natürlich sind die Prozesse hier stark vereinfacht dargestellt, aber der Grund, warum Kohle und Stahl zusammengehören, dürfte jetzt klar sein: Für die Stahlerzeugung wird viel Energie benötigt. Beide Montanindustrie-Stränge laufen also parallel.

Auf der Kohleseite gibt es einerseits Zechen, die Kohle fördern, und Kokereien, die aus Kohle Koks backen. Auf der Metallerzeugungsseite werden in Hüttenwerken mit Koks so hohe Temperaturen im Hochofen erzeugt, dass aus Erzgestein Eisen - der Grundstoff für Stahl - gewonnen wird. Daraus wird in Stahlwerken Stahl als Endlosband und Bramme hergestellt.

Tipp: Kohle-Stahl-komprimiert-Wochenende 

Einen Überblick über Kohle und Stahl wird man kaum innerhalb eines Tages schaffen. Vorschlag: 1. Essen Zeche Zollverein und Kokerei (an der Kombiführung teilnehmen), Tag im Hüttenwerk Landschaftspark Duisburg ausklingen lassen (im Sommer ab Einbruch der Dunkelheit Beleuchtung). 2. Tag Henrichshütte Hattingen (Führung schön, aber nicht unbedingt nötig), dann Hoesch-Museum in Dortmund.

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