Donnerstag, 13. November 2025

Köln, Museum Ludwig: Kunstwerk im Sack

Die Vertreter des Museum Ludwig ebenso wie der "Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig" verbreiten sich bei der Pressekonferenz am 7. November 2025 darüber, warum Evelyn Taocheng Wang den diesjährigen Wolfgang-Hahn-Preis erhalten hat. 
Wolfgang-Hahn-Preis 2025: Evelyn Taocheng Wang
8. November 2025 – 18. Januar 2026
(c) Vera Kriebel, 7.11.2025


Schwingt dabei Rechtfertigung mit?

Man kaufte ein Kunstwerk, das man nicht kannte. Es musste im Wesentlichen zwei Bedingungen erfüllen: Es musste "etwas Neues" sein, und es musste einen Bezug zum Museum Ludwig haben. Letzteres - so wurde betont - ist durch die Verweise auf die Maus und ihre Torten mehr als erfüllt. Bei "Neu" wird es schon schwieriger.

Yilmaz Dziewior, Direktor des Museum Ludwig, erwähnt, dass man die "künstlerische Position" von Evelyn Taocheng Wang ehren wollte. 
Nur welche? 
Dass "sie sich nicht eindeutig zuordnen lasse," fährt er kryptisch fort. Kultur? Zwischen den Welten China und Europa? Geschlecht?
 

Evelyn Taocheng Wang äußert sich ebenfalls ausführlich zu ihrem Kunstwerk.

Sie spricht so schön von "the Beauty of Europe", erläutert ihren Werdegang von eher traditioneller chinesischer Kunst zu westlichen Vorstellungen, betont ihr Konzept von "imitation, not copy" und "conversation" und "communication" mit der westlichen Kunst des 20. Jahrhundert, lobt die "body culture", der Körper-Freiheit in Europa. Gab es politische Gründe, sich aus China fortzubewegen und die niederländische Staatsbürgerschaft anzunehmen? Bloß nicht politisch werden. Sie hat beide Staatsbürgerschaften und möchte sich nicht auf Europa festlegen, sondern hält sich die Rückkehr nach China offen. 
Pressemitteilung des Museum Ludwig, 15.10.2025: "Die diesjährige Gastjurorin Susanne Titz, Direktorin des Museum Abteiberg, Mönchengladbach erläutert: „Wangs Zeichnungen in traditionellen chinesischen Techniken von Schrift und Malerei legen sich wie Kommentare über die westliche Kultur, werden dabei intim, wie eine private, sich als unangepasst und unerhört gerierende Poesie. Evelyn Taocheng Wang verfügt über eine besondere Kraft, ihre eigene Identität ins Werk zu setzen.“
Ja, sie lässt sich vermutlich nicht eindeutig zuordnen.  
Wolfgang-Hahn-Preis 2025: Evelyn Taocheng Wang
8. November 2025 – 18. Januar 2026
(c) Vera Kriebel, 7.11.2025

Aber ist das alles? 

Die Teilnehmer der Pressekonferenz waren im Vorfeld bereits zu Besuch in der Installation. Und - ist es Einbildung? - echte Begeisterung will trotz der bemühten Begeisterung der Juroren und Direktoren nicht recht aufkommen.

Der Blick von außen, aus dem Sammlungsbereich in die Installationsräume wird durch zwei weiße Ringe geleitet. 

Doch drinnen: Belanglosigkeit. 

Wolfgang-Hahn-Preis 2025: Evelyn Taocheng Wang
8. November 2025 – 18. Januar 2026
(c) Vera Kriebel, 7.11.2025

Abgemalte minimal art der US-amerikanischen Malerin Agnes Martin. "Kommentiert" durch Taocheng Wang mit Tortenstücken und signiert durch Angabe der Art der Torte, Maßstab der "Imitation" und so weiter.  

Wolfgang-Hahn-Preis 2025: Evelyn Taocheng Wang
8. November 2025 – 18. Januar 2026
(c) Vera Kriebel, 7.11.2025

Minimal art und Agnes Martin (1912-2004) waren in den 1950er Jahren "neu". Aber 2025? 

Das Video, das die 12 (?) Agnes-Martin-Imitationen mit Maustörtchen ergänzt, ist nicht neu (und auch nicht weiß-grau wie der Hauptraum), sondern bereits älter. Eine Bootsfahrt, bei der Frau Taocheng Wang einen Mann und eine Frau mit chinesisch anmutenden Schriftzeichen bemalt. 

Der letzte Eindruck vor dem Austritt ins wunderschöne Museum Ludwig mit Blick auf Köln: Ratlosigkeit angesichts dieser Belanglosigkeit.

Erläuterungen zu Wolfgang-Hahn-Preis 2025: Evelyn Taocheng Wang 

Wolfgang-Hahn-Preis 2025: Evelyn Taocheng Wang
8. November 2025 – 18. Januar 2026
(c) Vera Kriebel, 7.11.2025

„Evelyn Taocheng Wang (*1981 in Chengdu, CN, lebt und arbeitet in Rotterdam, NL) wird mit dem 31. Wolfgang-Hahn-Preis der Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet während der Kunstmesse Art Cologne am Freitag, den 7. November 2025 um 18.30 Uhr im Museum Ludwig statt.
In ihren Arbeiten erforscht Wang kulturelle Identitäten und soziale Beziehungen. Der Titel Friendship ihrer Installation für das Museum Ludwig bezieht sich auf ein gleichnamiges Bild der von ihr verehrten nordamerikanischen Malerin Agnes Martin (1912-2004). Für ihre Gemälde wählt sie jeweils einen Hintergrund aus Martins geometrisch-minimalistischen Bildern, den sie per Bezeichnung im Bild benennt und in händischer Kopie komplett übernimmt. Den „martin’schen“ Hintergrund ergänzt sie um perfekt gemalte Kuchenstücke und Figuren aus der Sendung mit der Maus, verbunden mit echten oder scheinbar traditionellen chinesischen Details wie selbsterfundene Stempel, die genauso wie schöngeschriebene Text-Passagen die visuelle Ebene der Werke um eine inhaltliche ergänzen. Wang tritt so teils in direkten Dialog mit den Besuchenden und stellt fiktive Konversationen vor. Die gemalten Kuchenstücke werden zum Symbol für Feierlichkeiten, Zusammensein und Genuss und werfen zugleich Fragen nach Zugehörigkeit, kultureller Hybridität und persönlichen Erinnerungen auf. Durch eine skulpturale Installation aus zwei Rundtoren im Museum Ludwig lädt Wang dazu ein, in die Präsentation einzutreten und diese mit allen Sinnen zu genießen. Eine Videoarbeit ergänzt die Installation. ...
"Es freut mich sehr, dass Evelyn Taocheng Wang den Wolfgang-Hahn-Preis 2025 erhält, die sich in ihren Arbeiten auf sensible und oft überraschende Weise mit der eigenen kulturellen Verortung und den Kunstgeschichten Europas, Amerikas und Chinas auseinandersetzt. Mit ihr wird eine Künstlerin gewürdigt, deren Werk sich hervorragend in die Sammlung des Museum Ludwig einfügen und neue Akzente setzen wird,“ erklärt Yilmaz Dziewior, Direktor des Museum Ludwig und Mitglied der Jury.

 Mayen Beckmann, Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft für Moderne Kunst, ergänzt: „Die Erwerbung von Evelyn Taocheng Wangs Werk knüpft hervorragend an die Sammelleidenschaft des Ehepaares Peter und Irene Ludwig an, die sich von Beginn an für alte chinesische Kunst interessierten und 1996 über die Ludwig Stiftung eine große Schenkung zeitgenössischer Kunst an das chinesische Nationalmuseum in Peking übergaben. In Deutschland sind Wangs Werke noch nicht so bekannt, wie die Einmaligkeit ihrer künstlerischen Position es verdient.“

Seit der umfassenden Ausstellung von Evelyn Taocheng Wangs Werken im Zentralpavillon der 2024er Biennale di Venedig ist die Künstlerin einem größeren internationalen Publikum bekannt. Nach ihrem Studium traditioneller chinesischer Kunst, klassischer chinesischer Literatur, Grafikdesign und visueller Kommunikation in Nanjing machte sie ihren Master of Fine Arts an der Städelschule in Frankfurt. Ihre Werke wurden u.a. im Museum Dordrecht, im Rockbund Art Museum in Shanghai, im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf und im Museum Abteiberg in Mönchengladbach in Einzelausstellungen gezeigt. Sie erhielt den ABN AMRO Art Award in Amsterdam und den Dorothea von Stetten-Kunstpreis." (Pressemitteilung Museum Ludwig, 15.10.2025)

BTW: Wer über den Namen Wolfgang Hahn rätselt: "Der Name des Preises ehrt das Andenken an den passionierten Kölner Sammler und Gemälderestaurator Wolfgang Hahn (1924–1987), der sich in vielfältiger Hinsicht für die Kunst der europäischen und amerikanischen Avantgarde in Köln engagierte." (Pressemitteilung Museum Ludwig, 15.10.2025)

Infos zu Wolfgang-Hahn-Preis 2025: Evelyn Taocheng Wang


  • Laufzeit: 8. November 2025 – 18. Januar 2026.
  • Adresse & Kontakt: Museum Ludwig, Heinrich-Böll-Platz, 50667 Köln.
  • Öffnungszeiten: Dienstag - Sonntag 10 – 18 Uhr, montags geschlossen.
  • Eintritt: 15,40 Euro, ermäßigt: 11 Euro, Kinder bis 18 Jahre frei.
  • Website zur Installation von Evelyn Taocheng Wang.

 

Mitbringsel zu Evelyn Taocheng Wang im Museum Ludwig

Wer ihn haben möchte: der Kalender mit Törtchen und Taocheng Wang und Martin-Imitationen.


Wer's braucht: die limitierte Edition.



Fotos zu Wolfgang-Hahn-Preis 2025: Evelyn Taocheng Wang

 






 



 




 


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