Gute Komödien zu schreiben und dann auch noch gut auf die Bühne zu bringen: Zugegeben, das ist schwierig.
Daher das kleine Lob vorweg: Es war die erste Probe auf der echten Bühne und mit Kostüm - da kann auch einiges grob haken. Hat es aber nicht in Dortmund bei der öffentlichen Probe. Die Schauspieler gaben, was sie geben konnten, die Sätze saßen.
Es war in Dortmund zudem eine neue oder zumindest außergewöhnliche Idee, eine öffentliche Probe abzuhalten - und die kam an, wie die große Resonanz zeigte.
Wenn nur nicht das Stück selbst wäre ...
Wer ein kritisches Stück schreibt und Erfolg haben und weiße Frauen und Männer (sozialkritisch) handeln lassen will, dem bietet sich das Thema Verteilungsungerechtigkeit über (ungerechtes) Erben plus Hartz IV alias Bürgergeld und Arbeitsamt innerhalb einer Komödie an.
Die gute Nachricht: All das ist in "Jeeps" von Nora Abdel-Maksoud verhandelt.
Die gute Nachricht: All das ist in "Jeeps" von Nora Abdel-Maksoud verhandelt.
- Teaser und Zusammenfassung der Story unter anderem beim Theater Dortmund: "Jeeps" und an etwa 200 anderen Stellen im Internet, denn das Stück gehört in den frühen 2020er Jahren zu den Lieblingen der Theaterintendanten.
Schnelle, absurde Dialoge - und trotzdem langatmig.
Die schlechte folgt sogleich: Das macht das Stück nicht besser,. Die Story und die Argumentation ist einfachst und bedient Klischees bis zum Erbrechen, erstaunlicherweise trotz völlig realitätsferner Figuren und Handlung. Da ist nichts überzeichnet, sondern schlicht bierselig am Schreibtisch ausgedacht.
Die Figuren sind im schlechtesten Sinne konstruiert und unglaubwürdig, obwohl und weil das Drehbuch eine alternativ-bürgerliche Enterbte und - paradigmatisch für Langzeitarbeitslose - eine bürgergeldbeziehende schreibgehemmte Trivialautorin als Kunden und Gegenspieler der Arbeitsamt-Bürokraten vorsieht. Diese sind ebenfalls keine 'richtigen' Beamten, sondern belehrend, hilflos, möchtegerntrendy ... Irgendetwas jedenfalls, das unkomisch ist.
Und ein Beispiel für die Art von Wortwitz des Stücks: "Eierstock-Lotterie" ist dort die Bezeichnung der traditionellen Form des Erbens, die in "Jeeps" abgelöst wurde. Wie urkomisch!
Und ein Beispiel für die Art von Wortwitz des Stücks: "Eierstock-Lotterie" ist dort die Bezeichnung der traditionellen Form des Erbens, die in "Jeeps" abgelöst wurde. Wie urkomisch!
Damit sich selbst der dümmste Zuschauer nicht mehr mit Handlung und Figuren identifiziert, gibt es Brechtsches Lehrtheater zwischendurch, das das Stück unterbricht und uns zur Information und Meinungsbildung Statistiken und Zahlen bietet. Oder geht es hier vielmehr darum, dem gemeinen Theaterbesucher die Relevanz des Themas zu verdeutlichen? Oder darum, "Jeeps" sozialpolitische Substanz zu geben und von der Schwerelosigkeit des Stücks abzulenken, das in dieser Form sonst kaum für einen Theaterabend gereicht hätte?
Bei der Probe lacht kaum jemand. Keiner geht, weil die "knallharten ... Analysen" (taz) von Nora Abdel-Maksoud so treffend und entlarvend sind.
Und ein Nachtrag noch: Der Aufführung geht in Dortmund jeweils eine halbstündige Einführung voraus. "Jeeps" ist unterkomplex. In was soll hier also eingeführt werden?
Infos zu "Jeeps" im Schauspielhaus Dortmund
- Premiere: 9. November 2024, 19:30 Uhr (ab 19:00 Einführung 😉)
- Adresse: Theater Dortmund, Theaterkarree 1 -3, 44137 Dortmund
- Schauspiel Dortmund: Webinfo zu "Jeeps"
- Beitrag dazu auch im Lokalkompass.
- Schaefersphilippen mit Presseschau, so unter anderem die New York Times: "JEEPS is a smart, loopy and fast-paced farce, but the actual satire seems slight and, judging from the all the belly laughs, mostly harmless. Who or what exactly is being skewered here, I wondered. The audience was having too good a time to be provoked, let alone discomfited."
Videos
- https://www.youtube.com/watch?v=nfKVBrZh350
- https://www.youtube.com/watch?v=8W9PA7RklEs
- https://www.youtube.com/watch?v=POitfK3KOT0
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen